Wann

01.04.2024    
16:00

Wo

St. Ursula
Ursulaplatz 24, Köln, 50668

Event Type

Johann Adolph Scheibe (1708-1776)

Erstaufführung seit 1760 (UA)

Der 1708 in Leipzig geborene Johann Adolph Scheibe, Sohn eines Orgelbauers, studierte zunächst Rechtswissenschaften, musste dieses Studium dann jedoch bald auf Grund wirtschaftlich schwierigen Entwicklungen in der Familie abbrechen. Er begann dann, sich insbesondere als Musiker im Wesentlichen autodidaktisch weiterzubilden (Scheibe: Da es mir aber an lebendigen Lehrmeistern gebrach, so ließ ich mich von den Todten unterrichten). Nachdem er sich 1729 erfolglos um die Stelle des Organisten der Thomaskirche in Leipzig beworben hatte (Bach zog einen Mitbewerber vor), verdiente er seinen Unterhalt vor allem durch Privatunterricht, bis er 1736 nach Hamburg umzog, wo er mit zahlreichen Musikern in Kontakt kam. Insbesondere Telemann und Mattheson ermunterten ihn, ein musikalisches Periodikum, Der critische Musicus  herauszugeben, was er dann auch von 1737 bis 1740 machte. Insbesondere beschäftigt er sich in dieser Zeitschrift mit Fragen der Musikästhetik – und er schreckte auch nicht vor einer Kontroverse zurück, wie das Beispiel einer Schrift gegen Bachs Musik beweist. Neben der Tatsache, dass der britische Musikus sich vor allem mit Fragen der Musiktheorie – und Ästhetik auseinandersetzt ist dieses Periodikum ein typisches Produkt der Aufklärung, in deren Einfluss er entscheidend steht, und die er mitgestaltet – in Artikeln und Büchern bis kurz vor seinem Tode 1776 in Kopenhagen.
Bis heute ist Scheibe daher den meisten Musikinteressierten als Bachkritiker bekannt – und dadurch weitgehend abgelehnt. Das ist jedoch nur ein kleiner Teil seiner Tätigkeit. Bereits 1740 schreibt er in seiner Autobiografie (offenbar hatte er durchaus Selbstbewusstsein, um mit 32 Jahren bereits eine Autobiographie zu schreiben):
Von practischen Arbeiten habe ich zwar noch niemals etwas durch den Druck bekannt gemacht; es sind aber derselben eine ziemliche Menge von mir verfertiget worden. Mehr, als 150. Kirchenstücke, in einer Zeit von 6. oder 7. Jahren; mehr, als 150. Concerten für die Flöte; und mehr, als 30. für die Geige; mehr, als 60. biß 70. Sinfonien; ohne Claviersachen, oder andere Vokal- und Instrumentalarbeiten: nemlich, an Trios, Solos, italiänischen und deutschen Cantaten und dergleichen zu rechnen, sind in eben dieser Zeit von mir gesetzet worden. Hierzu kommen noch einigen starcke Serenaten und Singgedichte, die ich bey unterschiedenen Begebenheiten gemacht habe, ein Paar starcke Passions-Oratoria, und eine Oper.
 
Ab 1740 war er als Hofmusicus am dänischen Hofe tätig – bis zu seiner Entlassung (auf Grund eines Regentenwechsels) 1748. Anschließend war er als Musikpädagoge und Übersetzer dänischer Schriften ins Deutsche in  Sønderborg tätig, komponierte aber auch weiterhin u.a. für den dänischen Hof.
In den 1750er Jahren hatte Telemann bei dem in der Aufklärungszeit sehr berühmten Texter Karl Wilhelm Ramler ein Osteroratorium in Auftrag gegeben, das Telemann dann auch vertonte. Von Scheibe ist bekannt, dass er sowohl Telemanns Vertonung wie auch den Text Ramlers kannte und vorliegen hatte. Beides muss er sehr geschätzt haben, wie spätere Aufsätze von ihm beweisen. Ramlers Textvorlage vertonten in den 1750er bis 1770er Jahren viele Komponisten, so auch P.E. Bach, H. Graue u.a.
Diesen Text vertont er nun auch Scheibe. Leider ist das genaue Datum der Komposition nicht bekannt, es muss 1760 begonnen worden sein und wurde spätestens 1764 fertig. Über eine Uraufführung ist nichts bekannt, wohl aber gibt es zwei autographe Partituren: eine einer ersten Fassung und eine, die wohl als Dirigierpartitur einer Aufführung vorlag, von der wir aber nicht mehr wissen.
Somit dürfte unsere Aufführung am Ostermontag 2024 eine der ersten Aufführungen überhaupt sein, ins Deutschland wahrscheinlich die erste.
Im Druck ist das Werk bis heute nicht erschienen – obwohl es sich lohnen würde, steht es doch stilistisch wunderbar zwischen der Sprache des Barocks und der aufkommenden Klassik als typisches Werk der Aufklärung.

 

Mitwirkende:

Merle Bader, Sopran

Elvira Bill, Alt

Daniel Tilch, Tenor

Maximilian Fieth, Tenor

Konstantin Paganetti, Bass

figuralchor köln

Neues Rheinisches Kammerorchester

Leitung: Richard Mailänder

Eintritt frei, Spenden erbeten.

Unterstützt durch den Landesmusikrat NRW und die Künstler-Union Köln

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